Veranstaltung: | Landesdelegiertenkonferenz 26.10.2019 |
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Tagesordnungspunkt: | 4. Freiheit! Aber sicher. |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | LDK |
Beschlossen am: | 26.10.2019 |
Eingereicht: | 25.11.2019, 14:45 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Gemeinsam gegen den Hass (Dringlichkeitsantrag)
Beschlusstext
Zu den Morden und dem Attentat auf die Synagoge
in Halle
Wir, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Mecklenburg-Vorpommern sind zutiefst erschüttert über
den Mord an zwei Menschen und den versuchten Anschlag, der sich gegen die
Angehörigen der jüdischen Gemeinde in Halle richtete. Nur eine stabile Tür und
die Unfähigkeit des Attentäters haben ein Massaker unter den zahlreichen
Menschen verhindert, die zusammengekommen waren, um den höchsten jüdischen
Feiertag, Jom Kippur, das Versöhnungsfest, zu begehen. Das ist ungeheuerlich.
Wir stehen in gemeinsamer Trauer und Solidarität mit den Angehörigen der
Mordopfer und mit der angegriffenen Gemeinde, und wir teilen die Erschütterung
und Wut aller gerechten Menschen, dass dies in Deutschland möglich war und
geschehen ist.
Diese Tat muss Folgen haben, auch in Mecklenburg-Vorpommern. Wir begrüßen, dass
nun endlich Bewegung in die lange beschlossene Bestellung eines oder einer
Antisemitismus-Beauftragten kommt und dass auch der Innenminister auf die Tat
mit einer besseren Sicherung jüdischer Einrichtungen und anderen Maßnahmen
reagiert. Dass jüdisches Leben in Deutschland noch immer nicht frei von
Bedrohungen möglich ist und antisemitische Straftaten sogar zunehmen, darf
niemals hingenommen werden, so wenig wie die Bedrohung irgendeines Menschen
aufgrund von Religion, Herkunft, Hautfarbe, sexueller Orientierung oder anderer
Gruppenmerkmale, die den Rechtsextremisten verhasst sind. Auch wer sich für
Flüchtlinge und gegen rassistische Ausgrenzung einsetzt oder die rechtsextreme
Bedrohung beim Namen nennt, muss mit Beschimpfungen und Bedrohungen bis hin zu
Morddrohungen rechnen. Gewalt und Hass in der virtuellen Welt sind auch real,
virtuelle und reale Welt verschränken und bestärken sich gegenseitig auch in
Hass und Zerstörung. Worte und Bilder des Hasses werden früher oder später zu
Taten. Wer Hass sät, wo auch immer, wird zum Mittäter.
Aus unserer Sicht haben die Sicherheitsbehörden in Land und Bund den Gefahren
des gewaltbereiten Rechtsextremismus lange zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt.
Dass der ungeheuren Verrohung der Sprache in rechtsextremen Zusammenhängen auch
Taten folgen und Neonazis, Reichsbürger und andere gewaltbereite Organisationen
zunehmend das Internet nutzen, um sich zu vernetzen und Menschen aufzuhetzen,
wurde lange Zeit unterschätzt und verharmlost. Volksverhetzung und Gewaltaufrufe
im Netz und in der realen Öffentlichkeit müssen konsequent verfolgt und zur
Anzeige gebracht werden.
Es ist aus unserer Sicht leicht zu erkennen, dass die Verrohung des
gesellschaftlichen Klimas mit dem Aufstieg der AfD Hand in Hand geht. Die AfD
wird zunehmend zum Sammelbecken aller möglichen rechtspopulistischen und
rechtsextremen Strömungen. Hass und Hetze im Netz werden auf ihren Seiten nicht
nur hingenommen, sondern aktiv verbreitet. Die AfD duldet immer wieder
Rechtsextremisten in ihren Reihen und in Spitzenpositionen. Parteiausschlüsse
werden pro forma ausgesprochen, aber real ignoriert. So ist der ausgeschlossene
frühere Landesvorsitzende Dennis Augustin dennoch AfD-Fraktionsvorsitzender im
Kreistag Ludwigslust-Parchim. Landtagsabgeordnete wie Enrico Komning oder Ralph
Weber propagieren offen die Zusammenarbeit mit der Identitären Bewegung und
treten unbefangen mit PEGIDA-Vertretern als Verbündeten auf. Ihre Sprache ist
ausgrenzend, oft hasserfüllt und menschenverachtend. Sie schüren aus politischem
Kalkül Angst und Verachtung. Sie propagieren „Mut zur Wahrheit“ und doch ist
ihnen keine Lüge zu schade, um Menschen gegen Menschen aufzuwiegeln. Sie
wiederbeleben die Sprache des dritten Reiches und die faschistische Ideologie
der Ungleichheit. Sie schaffen damit eine Atmosphäre, in der sich Menschen zu
Hassposts und Morddrohungen und am Ende zur Tat ermutigt fühlen. Eine
Zusammenarbeit von Demokraten mit dieser Partei darf es auf keiner politischen
Ebene geben.
Die Mehrheit der Anständigen muss sich der Gefahr des zunehmenden Antisemitismus
und anderer Formen von Hass und Menschenfeindlichkeit für den Zusammenhalt der
Gesellschaft bewusst werden und sich wirksam zur Wehr setzen. Wir stehen umso
entschiedener ein für eine Stadt, ein Land, eine Welt, in der Verschiedenheit
des Glaubens, der Kultur, der Sprache, der Sexualität, der Hautfarbe nicht Hass,
sondern Respekt und Neugier bewirken, in der Zusammenhalt durch Zusammensein und
Aufnehmen entsteht und nicht durch Abgrenzung und Fernhalten, und in der niemand
Andere aufgrund ihrer Verschiedenheit zu Schuldigen seines Unfriedens machen
kann. Dass wir in unserem Umfeld, in der Familie, in Schule und Ausbildung, im
Job, in Medien und sozialen Netzen und nicht zuletzt in politischen Statements
und Entscheidungen daran mitwirken, ist eine ständige Aufgabe aller Demokraten.
Begründung
Erfolgt mündlich.