Veranstaltung: | Landesdelegiertenkonferenz 26.10.2019 |
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Tagesordnungspunkt: | 13. Verschiedene Anträge |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | LDK |
Beschlossen am: | 26.10.2019 |
Eingereicht: | 21.11.2019, 16:02 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Das Thema Wohnen nicht dem Markt überlassen – Für eine dringend notwendige soziale und ökologische Wohnraumpolitik in Mecklenburg-Vorpommern!
Beschlusstext
Es ist eine der wichtigsten sozialen Fragen unserer Gesellschaft: die
Entwicklung des Wohnungsbestandes und die Chancen, für Menschen aller
Einkommensgruppen an bezahlbaren Wohnraum zu gelangen – Wohnraum, der nicht
ausgrenzt und stigmatisiert, sondern ein Leben in einem attraktiven Umfeld
ermöglicht.
Viel zu spät haben die Regierungen in Bund und Land die unsozialen Entwicklungen
erkannt. Unter Beteiligung des Landes wurden sogar Bauprojekte gefördert, die in
attraktiven Innenstadtlagen hauptsächlich hochpreisige Eigentumswohnungen
schufen und damit der Separierung in Wohnungslagen mit hohen und niedrigen
Einkommen Vorschub leisteten.
Im ländlichen Raum sieht es ebenfalls trübe aus. Durch eine Landespolitik, die
die ländlichen Räume nicht ausreichend stärkt, kommt es zu einer Abwanderung in
die größeren Städte und damit zu Wohnungsleerstand. In Dörfern und Kleinstädten,
die kaum ein Bus erreicht, die keine annehmbaren Internetverbindungen aufweisen,
in denen die Menschen sich abgehängt fühlen, ist Wohnen für viele Menschen nicht
mehr attraktiv.
Zum anderen ist der verbleibende Mietwohnungsbestand stark sanierungsbedürftig.
Kommunale Wohnungsunternehmen sind in der Regel nicht in der Lage, diesen
Sanierungsstau wirtschaftlich zu meistern.
U.a. durch wissenschaftliche Gutachten dazu genötigt, musste auch die
Landesregierung erkennen, wohin die von ihr verfolgte Baupolitik führt: zu einer
zunehmenden Spaltung in Arm und Reich, zur Verringerung bezahlbaren Wohnraums in
sich positiv entwickelnden Hochschul- und Universitätsstädten, zu einer
Ausweitung von Ferienwohnungen in Tourismusgebieten, die dem Wohnungsmarkt
entzogen werden, zu einer Verödung des Mietwohnungsbestandes im ländlichen Raum.
Neben der Klärung der sozialen Frage muss im Zusammenhang mit dem Thema Wohnen
dringend der Umgang mit der Fläche konsequent nachhaltig gestaltet werden. Diese
Erkenntnis ist nicht neu, wird aber weiterhin bei der Flächenentwicklung der
Kommunen zwar nicht grundsätzlich, aber in vielen Fällen durch Bauen „auf dem
Acker“ missachtet. Die Belastung der öffentlichen Haushalte durch diese nicht
nachhaltigen Baugebiete ist unsozial und muss beendet werden.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN begrüßen, dass die Landesregierung mit ihrer jüngst
vorgestellten Initiative „Zukunft des Wohnens in Mecklenburg-Vorpommern“ erste
Schritte zur Verbesserung der Situation gehen will (u.a. Einschränkung des
Verkaufs kommunaler und Landesflächen, Anwendung des Erbbaurechts usw.).
Angesichts der sich weiter verschärfenden sozialen Spaltung der Wohnlagen in den
Städten und jener zwischen Stadt und Land sind die angekündigten Maßnahmen aber
nicht ausreichend.
Wir fordern:
1. Die Entwicklung von sozialem Wohnraum muss mit höheren Fördersätzen gefördert
werden. Die bisher von der Landesregierung beschlossenen Fördersätze sind nicht
Anreiz genug, im erforderlichen Umfang neuen Wohnraum zu schaffen bzw.
bestehende Wohnraum zu sanieren. Wohnungseigentümer, die sich verpflichten,
Wohnraum für Menschen mit niedrigem Einkommen zu schaffen und die Mieten zu
begrenzen, sollten entsprechend gefördert werden. Das Mittel der
Wohngemeinnützigkeit sollte wiederbelebt werden. Sie gewährleistet
Investitionszulagen und Steuerfreiheit, wenn Vermieter sozialen Wohnraum
schaffen.
2. Nicht alle Kommunen leiden unter Wohnraumknappheit. Vielmehr verfügen sie
über große unsanierte Bestände. Deshalb müssen sie dringend in die Lage versetzt
werden, zu sanieren und aus aktuell unattraktiven Wohnraumbeständen
lebensfreundliche Wohnlagen zu schaffen. Dass dies gelingen kann, zeigen
Ergebnisse der Städtebauförderung, die gezielt den Umbau, z.B. von
Plattenbausiedlungen unterstützt. Diese erfolgreiche Entwicklung muss
intensiviert werden.
3. Nicht nur Bund, Länder und Kommunen sind aufgerufen, soziale Angebote für die
Verbesserung der Wohnsituation zu schaffen. Auch Unternehmen stehen zunehmend in
der Pflicht, für die Fachkräftegewinnung Wohnraum zur Verfügung zu stellen.
Durch ergänzende Angebote, wie Jobtickets oder die Kinderbetreuung in
Betriebskindergärten, werden Wohnstandorte attraktiver.
4. Bei der Entwicklung von Kommunen muss sparsam mit Böden und Flächen
umgegangen werden. Baugebiete auf wertvollem Ackerland am Rande der Städte (z.B.
in Wickendorf/Schwerin) fernab jeglicher Infrastruktur dürfen nicht mehr
umsetzbar sein. Flächenreserven in den Kommunen müssen konsequent genutzt
werden, um Gewerbe- und Wohnstandorte zu entwickeln – dies jedoch ausgerichtet
am tatsächlichen Bedarf. Das x-te Einkaufszentrum ist gegenüber der Entwicklung
von Wohnstandorten zurückzustellen. Den Zielen der Raumordnung mit „Innen- vor
Außenentwicklung“ muss konsequent gefolgt werden.
5. Der Unternehmensverbund zur Landesentwicklung, die LGE Mecklenburg-Vorpommern
GmbH und die Landgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern mbH, an dem das Land
Mecklenburg-Vorpommern beteiligt ist, sollte nicht weiterhin an der Entwicklung
von Bauprojekten mitwirken, die die soziale Spaltung der Städte fördern (z.B.
Waisengärten Schwerin). Stattdessen sind konsequent Bauprojekte zu verfolgen,
die eine finanziell diverse Angebotsstruktur schaffen, die
Mehrgenerationenwohnen beinhalten, die nicht andere soziale Nutzungsformen (z.B.
Kleingärten) verdrängen, die beispielhaft soziale Begegnungsräume schaffen und
die in vorbildlicher Weise Brachflächen nachnutzen.
6. Neubauten, auch im sozialen Wohnungsbau, sollen behindertengerecht sein und
hohe energetische und ökologische Standards erfüllen. Das Land soll bei
Neubauten mit gutem Beispiel voran gehen und diese hohen Standards ebenfalls
umsetzen. Der Landesbaupreis darf nicht vorrangig nach architektonisch,
ästhetischen Kriterien, sondern sollte unter Maßgabe von Nachhaltigkeitsaspekten
vergeben werden.