Veranstaltung: | Landesdelegiertenkonferenz 26.10.2019 |
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Tagesordnungspunkt: | 13. Verschiedene Anträge |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | LDK |
Beschlossen am: | 26.10.2019 |
Eingereicht: | 21.11.2019, 15:59 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Landwirtschaft auf dem Weg zu Klimaschutz und Klimaresilienz
Beschlusstext
Die LDK möge beschließen:
Landwirtschaft auf dem Weg zu Klimaschutz und Klimaresilienz
Der Klimawandel ist schon jetzt in Mecklenburg-Vorpommern spürbar. Die
Durchschnittstemperaturen steigen, die Sommer werden wärmer und die Winter
nasser.
Wetterextreme wie Dürreperioden, Stürme und Starkregen nehmen zu. Wie stark die
Veränderungen in Zukunft ausfallen, ist davon abhängig, wie konsequent wir jetzt
den Klimaschutz global umsetzen. Die Landwirtschaft ist dabei sowohl eine
entscheidende Verursacherin des Klimawandels als auch Leidtragende. Der
Klimawandel beeinflusst unmittelbar den Bodenwasserhaushalt einschließlich
Grundwasserneubildung und die Bodeneigenschaften und damit die entscheidenden
Einflussgrößen für gute Erträge. Beispiele: Mit steigenden Temperaturen zerfällt
der Humus im Boden schneller. Höhere Temperaturen und zunehmende Niederschläge
steigern die Gefahr der Nitratauswaschung besonders auf sandigen Böden.
Heftigere Niederschläge tragen zur Erosion bei. Sommerliche Hitzeereignisse
verstärken die Wahrscheinlichkeit von Bränden und führen zu Ernteschäden.
Aber mit der Art der Landbewirtschaftung können wir starken Einfluss auf diese
Ertragsgrundlagen nehmen. Wir müssen jetzt vorsorgen und Verantwortung
übernehmen für eine ökologisch und sozial nachhaltige und auch in Zukunft
sichere Ernte und Lebensmittelversorgung.
Mecklenburg-Vorpommern braucht eine umfassende Strategie, um die Klimaschäden
durch
die Landwirtschaft zu begrenzen sowie die bestehende Landwirtschaft den neuen
klimatischen Bedingungen anzupassen und eine Widerstandsfähigkeit gegenüber
häufiger
auftretenden Wetterextremen aufzubauen.
Wir, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, sind Partner für die Landwirtschaft in diesem
Anpassungsprozess. Unser Leitbild für die Landbewirtschaftung ist der
ökologische Landbau, der sich durch Kreislaufwirtschaft, Bodenschutz und
sparsamen Einsatz von Ressourcen und Energie auszeichnet. Gleichzeitig setzen
wir darauf, alle Möglichkeiten zu nutzen, damit auch die konventionellen
Landwirt*innen eine vielfältigere und umweltverträglichere Bewirtschaftung
entwickeln.
Wie auch das Thünen-Institut empfiehlt (Quelle: Flessa et al., 2012: Studie zur
Vorbereitung einer effizienten und gut abgestimmten Klimaschutzpolitik für den
Agrarsektor), sollten bei den Klimaschutzmaßnahmen in der Landwirtschaft zuerst
die Maßnahmen umgesetzt werden, inbei denen große Synergien mit anderen
Umweltzielen gegeben sind und umweltpolitische Verpflichtungen bestehen.
Klimaschutz und Klimaanpassung müssen Hand in Hand gehen mit der Verbesserung
von Biodiversität, Wasserqualität und Förderung der Bodenfruchtbarkeit.
Es gilt darum:
- Emmissionen von CO2 und anderen Treibhausgasen zu senken, auch durch einen
geringeren Einsatz chemisch-synthetischer Dünger und Pestizide,
- Humusaufbau und Erosionsschutz durch vielfältige Fruchtfolgen und angepasste
Bodenbearbeitung zu steigern, wodurch erheblich CO2 aus der Atmosphäre gebunden
werden kann,
- Wasser als knapper werdende Ressource in der Fläche zu halten, auch durch
Retentionsflächen,
sowie die Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen durch entsprechende Ausgestaltung der
Agrarsubventionen zu honorieren.
Deshalb fordern wir von der Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern:
1) sich auf europäischer und Bundesebene konsequent für den Umbau der
Agrarförderungsstruktur einzusetzen. Die pauschal gezahlten Flächenprämien
sollten deutlich
zu Gunsten der 2. Säule, d.h. für die gezielte nachhaltige und umweltschonende
Bewirtschaftung und die ländliche Entwicklung, insbesondere für Agrarumwelt- und
Klimamaßnahmen (AUKM)umgeschichtet werden. Eine ambitionierte Ausgestaltung der
"Gemeinsamen Agrarpolitik" in der Bundesrepublik Deutschland ist nötig, auch
wenn andere Mitgliedsstaaten sich für einen anderen Weg entscheiden.
Förderprogramme müssen so konzipiert sein, dass sie räumlliche und zeitliche
Steuerungseffekte maximal ausnutzen. Die Diversifizierung der angebauten
Fruchtarten beispielsweise muss feldweise honoriert werden.
2) den Ausbau des ökologischen Landbaus stärker zu fördern.
3) Forschung und Beratung zur Anpassung an den Klimawandel zu stärken. Mehr
Forschungsgelder müssen in Mecklenburg-Vorpommern für eine verstärkte
Erforschung und wissenschaftliche Begleitung von Anpassungsstrategien der
Landwirtschaft an den Klimawandel aufgewendet werden, insbesondere hinsichtlich
angepasster Ackerbausysteme und trocken- bzw.wasserstressresistenter
Kulturpflanzenarten und -sorten. Landwirtschaftliche Berater, z.B. in der LMS
Agrarberatung, an der das Land M-V beteiligt ist, müssen für die Beratung über
Anpassungen an den Klimawandel geschult werden.
4) die Vorlage einer Landesstrategie für das Wassermanagement im ländlichen Raum
unter den Bedingungen des Klimawandels. Es gilt, zukünftige
Grundwasserneubildung in den verschiedenen Landschaftsräumen zu untersuchen und
die Bedarfe konkurrierender Nutzungen abzuschätzen, inklusive der
Landwirtschaft, um daraus Maßnahmen abzuleiten, die Umweltschäden und
Versorgungskonflikte minimieren. Der Wiederherstellung, Stabilisierung und
Entwicklung von Binneneinzugssystemen mit den entsprechenden Retentionsflächen
zum großflächigen Wasserrückhalt in der Landschaft muss Vorrang vor dem Aufbau
von Bewässerungssystemen gegeben werden. Meliorationssysteme, die in der
Gegenwart zur zügigen Abfuhr von Niederschlagswasser in die Vorflut inklusive
der Fracht von Boden und Dünger beitragen, müssen gegebenfalls zurückgebaut
werden. Die kostenlose Nutzung von Wasserrechten muss auf ihre Nachhaltigkeit
geprüft werden und mit einer Abgabe versehen werden, falls eine Übernutzung
droht. Besonders auf trockenen Standorten muss eine Umstellung der
Landwirtschaft von Ackernutzung z.B. hin zu Agroforstsystemen gefördert werden.
5) das Bodenschutzprogramm Mecklenburg-Vorpommern zügig zu Ende zu erarbeiten
und
umzusetzen. Die Vervollständigung durch Teil 3 - Maßnahmen und
Handlungsempfehlungen - muss noch in dieser Legislaturperiode angestrebt werden!
Wichtige schnell umzusetzende Maßnahmen sind: Die verstärkte Förderung für den
Bestandsschutz und die Neuanlage von Hecken, Untersaaten, Mischkulturen und
insbesondere von Agroforstsystemen und Permakulturen für einen besseren
Erosionsschutz und ein Förderprogramm für die extensive Nutzung von
(wieder)vernässten Moorstandorten durch Paludikulturen sowie die Kappung der
Fördergelder für Ackerbau auf entwässerten Mooren. Eine Novellierung der
gesetzlichen Rahmenbedingungen ist notwendig, um die Ausbringung von organischen
Düngern wie Kompost und Mulch zu vereinfachen und zu verstärken. Die pfluglose
Bewirtschaftung soll im konventionellen Anbau nicht mehr empfohlen werden, da
sie nur durch verstärkten Einsatz von Herbiziden durchzusetzen ist.
6) den Umbau der Tierproduktion hin zu einer tier-, klima- und umweltgerechten
Haltung mit Weidenutzung und vornehmlicher Verwendung von (Eiweiß)-Futter aus
der Region zu unterstützen. Weidehaltung ist energiesparend und fördert die
Bodenfruchtbarkeit. Grünland ist ein wertvolles Ökosystem in einer diversen
Agrarlandschaft. Eine Förderung ist notwendig, um Vermarktungs- und
Abnahmestrukturen für einheimischen Eiweißpflanzenanbau zu schaffen.