Veranstaltung: | Landesdelegiertenkonferenz 26.10.2019 |
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Tagesordnungspunkt: | 4. Freiheit! Aber sicher. |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | LDK |
Beschlossen am: | 26.10.2019 |
Eingereicht: | 25.11.2019, 14:59 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Sicherheit nicht ohne Freiheit - Für eine liberale, demokratische Bürgergesellschaft
Beschlusstext
Wenn die Landesregierung den Versuch unternimmt, die Rechte der Bürgerinnen und
Bürger unmäßig zu beschneiden, stellen wir BÜNDNISGRÜNE uns dagegen. Wir
BÜNDNISGRÜNE treten engagiert für unseren demokratischen Rechtsstaat und unsere
freiheitliche, offene Gesellschaft ein. Wir spielen Freiheit und Sicherheit
nicht gegeneinander aus, sondern finden freiheitliche Antworten auch auf
konservative Bedürfnisse. Wir BÜNDNISGRÜNE wollen, dass alle Menschen in
Mecklenburg-Vorpommern frei, sicher und zugleich in gesellschaftlicher
Verbundenheit miteinander leben können.
Die Verantwortung für Recht, Freiheit und Menschenwürde ist ein Grundpfeiler der
BÜNDNISGRÜNEN politischen Agenda, den wir keiner populistischen Verlockung
preisgeben. Für unsere liberale Demokratie liegt dabei eine zentrale
Herausforderung darin, Zukunftspessimismus, Verunsicherung und Abstiegsängste
ernst zu nehmen und geeignete Lösungen dafür zu finden, diesen zu begegnen.
Soziale Gerechtigkeit, gesellschaftliche Teilhabe und umfassende
Bildungsinvestitionen sind dabei wesentliche Elemente, die wir noch stärker zum
Bestandteil unserer politischen Agenda machen müssen. Dann wächst auch das
Bekenntnis zum und die Überzeugung für den liberalen, demokratischen
Rechtsstaat.
Für einen starken Rechtsstaat
Wir BÜNDNISGRÜNE wollen einen starken Rechtsstaat, der den Bürgerrechten
verpflichtet ist und vor Kriminalität und Terror schützt. Wir wollen eine
zielgerichtete und effektive Gefahrenabwehr durch eine starke und bürgernahe
Polizei. Die Strukturen und das Handeln der Sicherheitsbehörden müssen darauf
ausgelegt sein, die Bürgerrechte angesichts der aktuellen Herausforderungen in
der realen und in der digitalen Welt zu verteidigen und zu stärken. BÜNDNISGRÜNE
Innenpolitik denkt Sicherheitspolitik jedoch noch weiter: Prävention, Bildung,
Deradikalisierung, Klimaschutzpolitik, städtebauliche Entwicklung,
Kriminalprävention, Entwicklungszusammenarbeit und eine starke Zivilgesellschaft
gehören dazu.
In Mecklenburg-Vorpommern wie im gesamten Bundesgebiet wird Sicherheitspolitik
oft nur aus einer verkürzten Perspektive diskutiert, die danach fragt, wie
"hart" der Staat - also im Zweifelsfall die Polizei - gegen tatsächliche oder
vermeintliche Straftäter*innen durchgreift. Dabei werden Problemfelder häufig
selektiv herausgestellt, insbesondere wenn sie Ängste in der Bevölkerung
bedienen. Denn damit lassen sich leicht zusätzliche Kompetenzen für die
Sicherheitsbehörden rechtfertigen, wodurch wiederum "Stärke gezeigt" werden
kann. Wir BÜNDNISGRÜNE setzen uns dagegen für ein weiteres Verständnis von
Sicherheitspolitik ein. Das bedeutet nicht nur einen Wandel des Leitbilds der
Polizei vom "Robocop" hin zu einer bürgernahen Polizei, sondern insbesondere
eine Erweiterung des Blickwinkels über diese Institution hinaus.
Für eine wissenschaftliche fundierte Erfassung der Kriminalität
Grundlage jeder Sicherheitspolitik sollte eine wissenschaftlich fundierte
Erfassung der Gefahrenlage sein. Zu häufig bezieht sich die Landesregierung auf
das Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung. Und wenn sie sich für Fakten
interessiert, dann erschöpfen sich diese in der polizeilichen Kriminalstatistik,
die lediglich eingeleitete Strafverfahren erfasst und damit bloß einen
Ausschnitt der Sicherheitslage darstellt. Dagegen gibt es weitere
wissenschaftlich etablierte Erhebungsmöglichkeiten wie anonymisierte Befragungen
der Bevölkerung und Erhebungen bei Versicherungen und anderen Stellen, die zu
bestimmten Phänomenbereichen fachkundig Auskunft geben können. Wir BÜNDNISGRÜNE
fordern, dass regelmäßig solche wissenschaftlichen Untersuchungen durchgeführt
und in einem periodischen Sicherheitsbericht veröffentlicht werden. Nur so
können die oftmals emotionale Debatte zu Sicherheitsfragen rationalisiert und
zielgerichtet die notwendigen Maßnahmen ergriffen werden.
Für ein konsequentes Eingreifen gegen verbale Hetze
Wir BÜNDNISGRÜNE sind überzeugt, dass Bedrohungen für die öffentliche Sicherheit
schon bei aggressiver Kommunikation beginnen. In einem aufgeheizten
gesellschaftlichen Klima sinkt die Hemmschwelle zur Gewalt. Das betrifft erstens
beleidigende Angriffe und verbale Hetze, die nicht nur, aber insbesondere im
Internet den Ton der Auseinandersetzung prägen. Wo die Schwelle zur Strafbarkeit
überschritten ist, muss der Staat konsequent eingreifen, damit sich
Beleidigungen nicht als normale Diskussionskultur etablieren. Auch dafür wollen
wir Polizei und Justiz besser ausstatten. Es ist aber stets auch die
Zivilgesellschaft gefordert. Dabei sind diejenigen Kräfte zu stärken, die sich
auf der Basis der Menschenrechte für einen respektvollen Umgang einsetzen. Jede
und jeder Einzelne von uns trägt Verantwortung in der Auseinandersetzung mit
rechtem und menschenverachtendem Gedankengut. Nur wenn wir alle hinhören,
Position beziehen und uns klar für ein friedliches und tolerantes Miteinander
engagieren, schaffen wir ein gesellschaftliches Klima, das dem Treiben von
rechten Ideolog*innen einen Riegel vorschiebt.
Zweitens hilft in der Diskussion nicht weiter, wenn Politiker*innen selbst zu
martialischer Sprache greifen. In der Sicherheitspolitik hilft eine Law-and-
Order-Rhetorik nicht bei der Lösung von Problemen, führt aber zur Abwertung der
vemeintlichen oder tatsächlichen Kriminellen, wodurch es leichter fällt, diesen
grundlegende Rechte abzusprechen. Doch zum einen zeichnet den freiheitlichen
Rechtsstaat aus, dass alle Menschen die gleichen Rechte haben, und zum anderen
ist es gerade für die Gefahrenabwehr typisch, dass sie von Prognosen abhängig
und die Verantwortlichkeit der Verdächtigen noch gar nicht klar ist. Deshalb
stellt einfaches Freund-Feind-Denken eine Gefahr für die Bewältigung von
Bedrohungen dar.
Für eine strengere Regulierung des Schusswaffenbesitzes
Eine Abrüstung ist aber nicht nur in der Kommunikation nötig, sondern ganz real
auch in den Waffenschränken. Mit Sorge beobachten wir, dass in Mecklenburg-
Vorpommern immer mehr Menschen den "kleinen Waffenschein" machen, sich scharfe
Waffen oder Attrappen zulegen. Auch wenn diese suggerieren, dass man damit
selbst für mehr Sicherheit sorgen kann, steigt damit letztlich das Risiko einer
gewaltsamen Auseinandersetzung. Denn auch die Gegenseite reagiert mit
Aufrüstung. Und bewaffnete Privatleute verfügen oft nicht über die
Voraussetzungen, auch in Stresssituationen ordnungsgemäß mit Waffen umzugehen.
Auch besteht die Gefahr, dass diese Waffen in falsche Hände gelangen. Gerade
Schreckschusspistolen sind nicht zu unterschätzen, denn für andere Personen -
egal ob Polizei oder Kriminelle - sind sie nicht von scharfen Waffen zu
unterscheiden. Wir BÜNDNISGRÜNE fordern deshalb einen restriktiven Umgang mit
Waffen. Das betrifft strenge Regeln für den Erwerb und die Aufbewahrung von
Waffen, aber mindestens genauso eine engmaschige Kontrolle dieser Vorgaben.
Für eine Konzentration der Polizei auf Kernaufgaben
Eng mit dem Deeskalationsgedanken verbunden ist der von uns BÜNDNISGRÜNEN
verfolgte Ansatz, das Einsatzfeld der Polizei nicht ausufern zu lassen. Das
betrifft einerseits ganz praktisch den Abbau von unnötigen Aufgaben, die genauso
gut von anderen Stellen wahrgenommen werden. Statt viel Aufwand in die
Begleitung von Schwertransporten zu stecken, sollte die Polizei ihre Kapazitäten
besser in Bereichen einsetzen, in denen sie die Verkehrssicherheit konkret
erhöht. Die Konzentration auf den Schutz von Rechtsgütern erfordert in einem
weiteren Sinne aber auch eine Liberalisierung der Kriminalpolitik. Es stehen
immer noch Verhaltensweisen unter Strafe, bei denen es keinen zwingenden Grund
für eine staatliche Sanktion gibt. Zwar wird dies oftmals auf Bundesebene
festgelegt. Zum Beispiel bei der Verfolgung von Drogendelikten, die große
polizeiliche Ressourcen frisst und für reale Drogenprobleme wirkungslos ist,
kann das Land aber für eine großzügigere Einstellungspraxis sorgen und die
Polizei so von der Bearbeitung unnötiger Strafverfahren entlasten.
Für einen höheren Frauenanteil in der Polizei
Wir BÜNDNISGRÜNE wollen die Polizei personell stärken, ihr eine moderne
Ausstattung verschaffen und den Frauenanteil in der Polizei deutlich erhöhen.
Frauen müssen vor allem auch in den deutlich stärkerem Maße bei der Besetzung
von Führungspositionen berücksichtigt werden. Wir wollen die sozialen,
sprachlichen und interkulturellen Kompetenzen der Polizei deutlich erhöhen, denn
diese helfen ganz praktisch bei der Polizeiarbeit, beim Bürgerkontakt, bei der
Verbrechensbekämpfung, aber insbesondere auch bei der Verhütung von Straftaten.
Wir BÜNDNISGRÜNE wollen eine Reform der Aus- und Fortbildung, ebenso wie eine
bessere Ausgestaltung von Schichtdienst und Versetzungen. Über die Einführung
einer unabhängigen Polizeibeauftragten, an die sich Bürger*innen genauso wie
Polizeibeamt*innen wenden können, erwarten wir mehr Transparenz, mehr Offenheit
und bessere Kommunikationskultur innerhalb der Polizei. Wir halten an der
Forderung einer flächendeckenden Kennzeichnungspflicht für Polizist*innen durch
Nummern fest. So stärken wir das Vertrauen der Menschen in die Polizei.
Für eine effektive Terrorismusbekämpfung, die unsere Bürgerrechte achtet
Wir BÜNDNISGRÜNE werden niemals hinnehmen, dass ideologisch motivierte
Terrorist*innen willkürlich Menschen töten. Wir stehen zu einer wirksamen
Sicherheitspolitik, die auf Fakten gründet und real vor Kriminalität und Terror
schützt. Symbolische oder populistische Maßnahmen lehnen wir jedoch ab.
Bestehende Gesetze zur Gefahrenabwehr gegen den islamistischen oder
rechtsmotivierten Terror müssen entschlossener und konsequenter angewendet
werden.
Terroristische Strukturen müssen lückenlos aufgeklärt werden. „Gefährder*innen“
gehören effektiv und gezielt überwacht. Das erforderliche Fachpersonal dazu
wollen wir bereitstellen, denn das gewährleistet anders als die
Massenüberwachung ohne konkreten Anlass tatsächlich mehr Sicherheit. Es ist
dagegen ein gefährlicher Irrweg, auf Gefährdungen der inneren Sicherheit mit
immer weitergehenden Einschränkungen unserer Freiheits- und Bürgerrechte zu
reagieren. Massenüberwachungen wie die Vorratsdatenspeicherung, denen anlasslos
und ohne Unterscheidung alle Bürger*innen ausgesetzt werden, sind
unverhältnismäßig und in der Regel auch ineffektiv.
Für mehr Prävention
Wir BÜNDNISGRÜNE wollen einen Ausbau der Präventionsarbeit. Diese kann
erreichen, was durch polizeiliches Eingreifen in der Regel nicht möglich ist.
Denn viel besser und langfristig effektiver, als Rechtsgüter mit Zwang zu
verteidigen und Rechtsverstöße zu sanktionieren, ist es, Menschen davon zu
überzeugen, diese Rechtsgüter anzuerkennen. Gerade Gewalttaten geschehen selten
geplant, sondern werden meist durch mangelhafte Aggressionskontrolle begünstigt.
Und auch jugendtypische Delikte lassen sich durch Polizeiarbeit meist nicht
verhindern, sondern allenfalls aufklären. Prävention setzt dagegen früher an.
Auch hier gilt es, zivilgesellschaftliche Organisationen, die oft schon seit
vielen Jahren hervorragende Arbeit leisten, zu stärken. Doch der Staat muss auch
die eigene Verantwortung Ernst nehmen, und das auf vielen Ebenen. Es kann nicht
sein, dass Schulen und Kommunen darum kämpfen müssen, dass an Schulen überhaupt
eine Sozialarbeitsstelle finanziert wird. Schulen müssen so gestärkt werden,
dass die Schüler*innen lernen, Konflikte gewaltfrei zu lösen. Genauso skandalös
ist es, wenn in Justizvollzugsanstalten das Personal nicht reicht, um
resozialisierende Maßnahmen anzubieten. Justizvollzugsanstalten müssen so
ausgestattet sein, dass die Strafgefangenen sich die Fähigkeiten aneignen
können, die ihnen ein verantwortungsvolles Leben in Freiheit ermöglichen.
Für mehr Maßnahmen zur Deradikalisierung
Die innere Sicherheit braucht mehr soziale Vorsorge, denn gesellschaftliche
Prävention stärkt die Demokratie und verhindert Straftaten im Vorfeld. Wir
BÜNDNISGRÜNE setzen uns für Netzwerke zur Prävention und Deradikalisierung
insbesondere im Bereich des Islamismus und des Rechtsextremismus ein. Dies
erfordert Strategien und Methoden, die auch zu den Jugendlichen und dem Milieu
vor Ort passen.
In den Justizvollzugsanstalten muss die Radikalisierung Inhaftierter verhindert
und ihre Wiedereingliederung in die Gesellschaft stärker gefördert werden. Wir
fordern darüber hinaus eine Bildungsoffensive in Kindertagesstätten und Schulen,
denn wir wollen Demokratie- und Medienkompetenz besser fördern sowie
Beratungsstellen, Jugendverbände und aufsuchende Jugendarbeit stärken.
Für eine intensivere Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus und -populismus
Wir BÜNDNISGRÜNE fordern eine intensivere Auseinandersetzung mit dem wachsenden
Rechtsextremismus. Insbesondere müssen neue rechtsradikale Gruppierungen und
Parteien von den Sicherheitsbehörden genauer in den Blick genommen werden, denn
nicht nur die aktuellen Geschehnisse um die Nordkreuzgruppe machen deutlich:
Immer noch sind Teile der Sicherheitsbehörden auf dem rechten Auge blind!
Rechtsextreme und Reichsbürger*innen sind konsequent zu entwaffnen und aus dem
öffentlichen Dienst zu entfernen. Wir BÜNDNISGRÜNE stellen uns engagiert dem
Rechtspopulismus entgegen, denn er begünstigt und fördert menschenfeindliche
Tendenzen.
Für mehr IT-Sicherheit
Immer neue Hacking-Angriffe auf Kraftwerke, Unternehmen, Parlamente aber auch
Nutzer*innen zeigen: Die Sicherheit im Digitalen geht uns alle an – auch für ein
freies und sicheres Netz steht der Staat in einer Schutzverantwortung. Hier
dürfen Unternehmen und Verbraucher*innen nicht alleine gelassen und die
Verantwortung auf sie abgeschoben werden.
Die IT-Sicherheit muss verstärkt werden, insbesondere zum Schutz kritischer
Infrastrukturen. Dazu müssen die unterschiedlichsten Zuständigkeiten gebündelt
werden. Nötig ist eine Meldepflicht bei Angriffen auf kritische
Versorgungsleistungen wie z.B. im Gesundheitsbereich oder auf das politische
System. Sicherheitslücken müssen nach Bekanntwerden umgehend geschlossen werden.
Die Bekämpfung der Internet- und Computerkriminalität wollen wir BÜNDNISGRÜNE
intensivieren. Es braucht umfassendere Ressourcen, um gegen Cybercrime und die
Underground-Economy vorzugehen.
Für eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit
Unser Bundesland kann internationalen Terror und andere aktuelle und gefährliche
Kriminalitätsformen nicht alleine in den Griff bekommen. Wir brauchen eine
länderübergreifende Polizei- und Sicherheitspolitik. Innerhalb Deutschlands
braucht es einen besseren, institutionalisierten Informationsaustausch zwischen
den Ländern und den Bundesbehörden. Wir wollen aktuelle koordinierte Einsatz-
und Schutzkonzepte für sensible und gefährdete Orte mit einheitlichen Standards
für alle Akteure. Das gilt für die Bundesebene genauso wie für die Landes- und
Kommunalebenen und von den Sicherheitsbehörden bis hin zu Rettungs- und
Hilfskräften.
Europäische Sicherheitszusammenarbeit ist ein Kernelement grüner
Sicherheitspolitik. Es braucht eine stärkere europäische Vernetzung, die
verbindliche Nutzung von bestehenden Systemen und einen besseren rechtsstaatlich
organisierten Informationsaustausch. Allgemeine Kontrollen an den deutschen
Grenzen widersprechen dem Geist Europas und sind gerade auch im Kampf gegen
Extremisten wenig effektiv. Wir lehnen sie daher ab.
Für einen Umbau der Sicherheitsarchitektur
Eine Reform des Landesverfassungsschutzes ist auch in Mecklenburg-Vorpommern
überfällig. Die SPD-/CDU-geführte Landesregierung hat auf das Versagen der
Sicherheitsbehörden bisher nur über eine personelle und finanzielle Stärkung
reagiert. Nach unseren Vorstellungen reduziert eine komplett neu aufgestellte
Behörde ihre nachrichtendienstlichen Tätigkeiten auf ein Minimum und arbeitet
eng mit Wissenschaft und Zivilgesellschaft zusammen. Das V-Personen-System des
Verfassungsschutzes in seiner derzeitigen Form wollen wir abschaffen, denn der
Einsatz von V-Personen in der rechtsextremistischen Szene verlief in der
Vergangenheit bekanntlich desaströs und stärkte die rechten Strukturen.
Der Kernbereich privater Lebensgestaltung muss auch vor dem Verfassungsschutz
umfassend geschützt, die Grenzen staatlicher Ausforschung sehr eng gezogen
werden. Das Trennungsgebot zwischen Verfassungsschutz und Polizei muss strikt
eingehalten werden. Zugriff auf Vorratsdaten und die Beobachtung von Kindern
lehnen wir ab. Die parlamentarische Kontrolle muss umfassend gestärkt werden.
Der Verfassungsschutz hat keinen Bildungsauftrag, deswegen wollen wir
BÜNDNISGRÜNE ihm diese Aufgabe entziehen. Unabhängig davon stehen wir einer
Reform der Struktur der Sicherheitsbehörden in der Bundesrepublik offen
gegenüber.
Für eine starke Justiz
Wirkungsvolle Innenpolitik ist dynamisch und reagiert auf neue Herausforderungen
rechtsstaatlich und zielgerichtet. Sicherheit wird nicht nur durch Polizistinnen
und Polizisten gewährleistet. Dazu gehört auch unsere Justiz, die ebenfalls
personell und sachlich gut ausgestattet sein muss. Die Umsetzung der
Gerichtsstrukturreform in unserem Bundesland war das Gegenteil dessen, was wir
BÜNDNISGRÜNE unter einer Stärkung der Justiz verstehen, denn der Staat muss im
ländlichen Raum ebenso präsent sein wie in den großen Städten.
Mut zum Einmischen
Wir alle zusammen können die großen Herausforderungen unserer Zeit erfolgreich
bewältigen, vom Klimawandel und der digitalen Revolution bis hin zur
tiefgreifenden Veränderung unserer Gesellschaft. Es braucht dafür eine starke
Zivilgesellschaft, die sich tagtäglich für ihre Demokratie einsetzt. Wenn mehr
Menschen sich einmischen, mutig, engagiert und selbstbewusst für die
demokratisch verfasste Gesellschaft eintreten und den Populisten mit offenem
Visier trotzen, dann können wir deutlich machen, dass der liberale,
demokratische Rechtsstaat auch in Zukunft die viel bessere Alternative zu allen
autoritär motivierten Regierungs- und Gesellschaftsformen ist.